Donnerstag, 28. Mai 2015

Joseph Roth und das Kino. Lesung und Buchpräsentation im Wiener Filmhauskino


„Drei Sensationen und zwei Katastrophen - Feuilletons zur Welt des Kinos“: Rund hundert wunderbare, bis dato unbekannte Texte von Joseph Roth haben Helmut Peschina und Rainer-Joachim Siegel zu einem bemerkenswerten Buch kompiliert. Burgschauspieler Ignaz Kirchner liest daraus am 30. Mai um 20 Uhr im Filmhaus Kino am Spittelberg.

Der österreichische Autor Joseph Roth (1894-1939) hat nicht nur große Romane geschrieben (Die Rebellion, Radetzkymarsch, Die Kapuzinergruft), sondern in den 1920er und 30er Jahren als Journalist auch viele interessante Texte publiziert. Das damals noch neue Medium Film spielte bei Roth eine große Rolle, er war neugierig, oft skeptisch, gelegentlich auch begeistert. Helmut Peschina und Rainer-Joachim Siegel haben jetzt im Wallstein Verlag einen Band mit „Feuilletons zur Welt des Kinos“ herausgegeben: „Drei Sensationen und zwei Katastrophen“. Rund hundert Texte von Joseph Roth zum Thema Film haben die Herausgeber gefunden, sie wurden zunächst in der Wiener Zeitschrift „Die Filmwelt“ und dann vor allem im Berliner Börsen-Courier und in der Frankfurter Zeitung veröffentlicht. Roth hat sich nicht als professionellen Filmkritiker gesehen, sondern als Beobachter der Kunstszene, in die er auch das Kino einbezog. Er konnte scharf urteilen.

So schreibt er über den zweiten Teil der Nibelungen: „Man hat den zweiten Teil des Nibelungenfilms mit großer Spannung erwartet. Er hat enttäuscht. Ja, er ist sogar eine Katastrophe. Denn er ist, was gerade noch ein altes Epos sein darf, ein Film aber unter keinen Umständen: langweilig. (…) Es ist hart, einem so begabten Filmregisseur wie Fritz Lang sagen zu müssen, daß seine Mühe größer war als seine Achtung vor dem Sujet.“ (Frankfurter Zeitung, 14.5.1924).

Eine fast klassische Filmkritik schrieb Roth über Murnaus Der letzte Mann, mit einer Verneigung vor dem Autor Carl Mayer und dem Hauptdarsteller Emil Jannings, skeptischen Bemerkungen zum Epilog („ironischer Konzessions-Schluß“) und dem Resümée: „einer der besten Filme nicht nur Deutschlands, sondern der Welt“. (Frankfurter Zeitung, 8.1.1925).

Roths große Liebe galt Charles Chaplin, seine Verachtung den amerikanischen Erfolgsfilmen. Im Anhang enthält das Buch zwei Treatments: „Kinder des Bösen“ und „Der letzte Karneval von Wien“. 80 Seiten Anmerkungen liefern wichtige Informationen zu den Texten. Das Nachwort der Herausgeber beschreibt das ambivalente Verhältnis von Joseph Roth zum Film.

Buchpräsentation am 30. Mai um 20 Uhr im Filmhaus Kino bei freiem Eintritt. Kartenvorbestellungen unter office@stadtkinowien.at.

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